Einfluss der Wechseljahre auf den Beckenboden
- Elisabeth Yezbek

- 19. Juli
- 5 Min. Lesezeit
geschrieben von Elisabeth Yezbek
Die Menopause ist definiert als der Zeitpunkt, zu dem seit 12 Monaten durchgängig keine Regelblutung mehr eingesetzt hat. Es ist auch die Zeit, in der die Eierstöcke aufhören, Eizellen heranreifen und springen zu lassen, und die Produktion von Östrogen, Progesteron und Testosteron stoppen. Weil die Hormonwerte in den Keller rasseln, kommt es auch zu unterschiedlichen Symptomen wie z.B. Haarausfall, Gewichtszunahme oder auch abnehmende der Libido. Auch der Beckenboden reagiert auf die fallenden Hormonwerte.
Werfen wir einen näheren Blick auf die fallenden Hormone und welche Auswirkungen sie jeweils auf die Beckenregion haben:
Östrogen:
Östrogen trägt zur Erhaltung der Dicke, Elastizität und Feuchtigkeit der Vaginalwände bei. Es hilft, die Vaginalschleimhaut gesund zu halten und das Risiko von Infektionen zu reduzieren. Es beeinflusst die sexuelle Erregung und das Verlangen. Es unterstützt die Durchblutung der Genitalien und kann die Sensibilität und das Lustempfinden steigern.
Weiters trägt Östrogen zur Erhaltung der Elastizität und Gesundheit der Harnröhre bei und kann helfen, Harnwegsinfektionen zu verhindern.
Was passiert nun, wenn Östrogen sinkt?
Sinkende Östrogenwerte wirken sich direkt auf unser muskuloskelettales System, auf unser Herzkreislaufsystem und unser Nervensystem aus. Auch unsere Beckenregion ist davon nicht ausgeschlossen.
Symptome, die in der Perimenopause auftreten können sind:
Trockenheit der vaginalen Schleimhäute
Schmerzen beim GV
Urininkontinenz
Organprolaps
höhere Frequenz und mehr Drang zu urinieren
Harnwegsinfekte
nächtlicher Drang zu urinieren
herabgesetzte Libido
Östrogen ist aber auch ganz wichtig für unsere Proteinsynthese, denn es hat sowohl eine Wirkung auf die Genexpression als auch auf die Aktivierung von bestimmten Signalwegen. Gerade zu Beginn der Perimenopause verlieren Frauen* eine große Menge an Kollagen. Das sehen wir nicht nur an vermehrter Faltenbildung und Muskelannahme, sondern auch an der Ausdünnung von Vaginal- und Blasengewebe.
Spätestens jetzt ist es wirklich an der Zeit, mit Beckenbodentraining zu beginnen und auf ausreichend über die Nahrung aufgenommenes Eiweiß zu achten! Es macht Sinn, sich den eigenen Genitalbereich regelmäßig anzusehen. Denn dadurch können Veränderungen frühzeitig erkannt werden! Zeichen, bei denen man aufmerksam werden sollte, sind eine blassere Farbe aufgrund der verringerten Durchblutung, Rötungen oder Entzündungen, Trockenheit und dünner wirkende Vaginalwände.
Es ist wichtig, dass Frauen*, die unter vaginaler Atrophie leiden, mit Gynäkolog*innen sprechen, um die für sie am besten geeignete Behandlung zu finden. Jede Frau* ist einzigartig, und die beste Therapie hängt von individuellen Bedürfnissen und Gesundheitsbedingungen ab.
Kommen wir nun zum nächsten Hormon: das Progesteron!
Progesteron hat während des Menstruationszyklus die Aufgabe, die Schleimhaut der Gebärmutter und somit eine eingetretene Schwangerschaft aufrecht zu erhalten. Es ist das erste der Hormone, das zu sinken beginnt, wenn die Präperimenopause beginnt. Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, Brust spannen usw. Können erste Anzeichen dafür sein. Auch längere Zyklen mit stärkeren Blutungen und PMS-Symptome können auftreten.
Progesteron hat eine entspannende Wirkung auf die glatte Muskulatur des Darms, was die Darmbewegungen verlangsamen kann. In der Perimenopause kann ein Abfall des Progesterons zu einer Veränderung der Darmmotilität führen, was sich in einer Veränderung der Verdauung äußern kann. Verstopfungen belasten den Beckenboden stark, sogar mehr als Husten! Bei Veränderungen, die die Lebensqualität beeinträchtigen, kann es sinnvoll sein, eine*n Diätolog*in aufzusuchen.
Das nächste Sexualhormon ist unser Testosteron!
Bei Testosteron denken wir häufig nur an die Männer*, aber auch bei Frauen* spielt es eine wichtige Rolle in verschiedenen physiologischen Prozessen, einschließlich der Knochendichte, Muskelmasse, Libido und der allgemeinen Energie.
Auswirkungen eines sinkenden Testosteronspiegels in der Menopause können vielfältig sein. Ein Rückgang des Testosterons kann zu einer verminderten sexuellen Lust führen. Weiters trägt Testosteron zur Erhaltung der Muskelmasse und -kraft bei. Ein Absinken kann zu einem Verlust an Muskelmasse und einer allgemeinen Schwächung führen.
Testosteron trägt zusammen mit Östrogen zur Knochengesundheit bei. Ein Rückgang kann das Risiko von Osteoporose erhöhen.
Weiters kann ein sinkender Testosteronspiegel zu Müdigkeit, verminderter Motivation und Stimmungsschwankungen beitragen.
Hohe Testosteronwerte erhöhen auch den Blutfluss im Bereich der Vulva.
Anders als Östrogen und Progesteron, das in den Wechseljahren einen Sturzflug hinlegt, hat Testosteron seinen Höchstwert in unseren 30ern erreicht und nimmt ab dann graduell ab.
Was können wir nun tun, um die Beckenbodengesundheit zu erhalten oder zu verbessern?
Trinke genug!
Durch Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen verliert man vermehrt Flüssigkeit. Häufig wird aber die Flüssigkeitsaufnahme gedrosselt, um weniger oft aufs WC zu müssen oder um weniger oft ungewollten Harnverlust zu verspüren. Ausreichend hydriert zu sein hilft uns aber dabei, die natürliche Feuchtigkeit im Vaginalbereich aufrecht zu erhalten. Weiters sinkt die Gefahr, sich Harnwegsinfekte einzufangen. Außerdem ist ausreichend Flüssigkeit notwendig, um die Stuhlkonsistenz zu optimieren. An der Urinfarbe kann man erkennen, ob man genug getrunken hat: durchsichtig bis hellgelb ist optimal, bei kräftigerer Färbung bitte mehr trinken!
2. Ausreichend Bewegung:
Muskelmasse und Knochendichte sinken mit dem Alter physiologisch ab. Wir können entgegenwirken, indem wir genug Bewegung in unseren Alltag bringen. Vor allem gezieltes Krafttraining hilft uns, Muskelmasse und Knochendichte zu erhalten bzw. aufzubauen. Auch die Beckenbodenmuskulatur ist von demphysiologischen Abbau nicht ausgeschlossen. Mit einem gezielten Krafttraining kann der Beckenboden mit einbezogen werden, wodurch gleich zwei wichtige Faktoren beeinflusst werden, die langfristig die gewünschte Lebensqualität erhalten können.
3. Bewusste Aktivierung des Beckenbodens im Alltag:
Unser Beckenboden aktiviert gemeinsam mitunserem tiefen Bauchmuskel normalerweise stets kurz bevor eine Bewegung erfolgt. Diese Aufgabe verlernt er jedoch häufig durch Schwangerschaften, Geburten oder Rückenschmerzen. Wir könnendeshalb im Alltag den Beckenboden aktivieren, kurz bevor wir z.B. Husten, Niesen, Kniebeugenmachen, etwas Hochheben usw.
4. Sei proaktiv deiner Stimmung gegenüber:
In der Perimenopause erkennen sich Frauen* oft nicht wieder. Wie unser Gehirn funktioniert, ist reine Chemie.Wenn sie aufgrund von Hormonschwankungen verändert ist,verändert sich auch unsere Stimmung. Ängste, depressiveVerstimmungen, Stimmungsschwankungen und Wut sind mögliche Folgen. All diese Emotionen können eine direkteAuswirkung auf den Beckenboden haben. Stress kann direkt zu vermehrter Spannung und in weiterer Folge zu Verspannungen im Beckenboden führen.
Deshalb ist es wichtig, zu erkennen, in welchen Situationen vermehrt Spannungen aufgebaut werden und was man selbst braucht, um diese auch wieder loszuwerden. Ist es ein Spaziergang im Wald? Sind es Einheiten bei einem*rPsychotherapeut*in? Ist es töpfern, malen oder singen? Sind es gute Gespräche mit tollen Menschen? Ist es Sport oder Schlaf? Jeder Mensch braucht etwas anderes, aber es ist auf jeden Fall wertvoll zu wissen, was man selbst braucht.
5. Hol’ dir Unterstützung!
Gynäkolog*innen sind die ersten Ansprechpartner*innen, wenn Probleme auftreten. Erzähle detailliert, was dich beschäftigt! Lass dich über Therapiemöglichkeiten aufklären.
Physiotherapeut*innen und Osteopath*innen können bei körperlichen Themen wie Inkontinenzen, Schmerzen beim GV, verringerter Knochendichte, Verlust von Muskelmasse usw. helfen
Diätolog*innen können Frauen* durch optimierte Ernährung gesünder durch die Wechseljahre bringen.
Psychotherapeut*innen und Psycholog*innen können dabei helfen, emotionale Stabilität zu erlangen und mit Veränderungen besser umzugehen.
Yogalehrer*innen, Sexualpädagog*innen, Coaches und Trainer*innen können eine großartige Unterstützung sein.
Wir wissen also nun, welche Veränderungen die Perimenopause mit sich bringen kann. Je besser man darauf vorbereitet ist, desto proaktiverkann man mit auftretenden Symptomen umgehen. Es gibt wichtige Landmarks im Leben von Frauen*, an denen sich entscheidet, wie es mit der Beckenbodengesundheit weitergehen wird. Eine ist die Schwangerschaft, eine weitere ist die Geburt und die anschließende Rückbildungszeit und die dritte ist die Menopause. Während die ersten beiden nicht alle Frauen* betreffen, kommt um die dritte Phase keine Frau* herum.
Ein großes Anliegen ist es mir, kleine Veränderungen zu erkennen, die man durchkleine Interventionen rückgängig machen kann. Wenn einmal aus ein paar Tropfen Harn verlieren beim Niesen eine völligeBlasenentleerung beim Lachen oder aus einem ab und zu auftretenden Fremdkörpergefühl inder Vagina ein austretender Ballon geworden ist, dann wird die Behandlung immerschwieriger. Deshalb: schauen wir genau hin und werden wir bei Veränderungen rasch aktiv!



